Eine Kanzel, die keine Kanzel ist

    (c) Evang. Kirchengemeinde SchalkhausenNeben Altar, Taufstein und Orgel findet man in einer schönen, alten Kirche in aller Regel auch eine Kanzel. Nicht in Schalkhausen. Hier sieht man in Blickrichtung Altarraum linkerhand ein Lesepult, das etwas erhöht auf einem gemauerten Backsteinsockel aufgestellt ist. Als man Ende der 1960er Jahre die Kirche saniert, wird auch die wurmstichige Kanzel ersetzt. Pfarrer Zorn aus Neunkirchen, durch häufige Gottesdienste in St. Nikolaus den Schalkhäusern sehr vertraut, ist nicht nur ein wunderbarer Geistlicher, sondern

    ein ebenso begnadeter Künstler. Seine Arbeiten finden sich heute noch in vielen Gemeinden im Umland, so auch in unserer Kirche.

    Aus Messingblechen unterschiedlichster Stärke formt er ein modernes Lesepult, das mit einigen Finessen aufwartet. Manuskripte legt man bequem auf einer schrägen Platte ab, die zwei Querleisten aufweist: Für größere und kleinere Blatt- oder Buchformate. Unterhalb davon findet sich eine Ablage für kleinere Gegenstände, oberhalb ist eine Mikrofonhalterung angebracht. Der obere Teil der Kanzel ist höhenverstellbar konzipiert und kann der Körpergröße angepasst werden. Zudem kann man das Kirchenmöbel als Ganzes aus der Verankerung heben und entfernen, sollte es nicht benötigt werden oder eine Reparatur anstehen. Auf der Vorderseite, der Gemeinde sichtbar zugewandt, befindet sich die eigentliche Besonderheit der Kanzel. Rechteckige und quadratische Felder, einmal tief liegend, einmal im Vordergrund, durchbrochene Bereiche, senkrecht und waagerecht verlaufene Stege: Sie zeigen in stark vereinfachter und reduzierter Form einen Lebensbaum. Licht und Schatten, Hell und Dunkel, Vertikale und Horizontale spiegeln den Bauplan eines Baumes. Dies zu erkennen gelingt schwerlich, selbst wenn die Kanzel frisch poliert und gewachst erscheint – wie von Pfarrer Zorn gewollt und derzeit zu sehen. Trotz umfangreicher Befragung von Zeitzeugen und gründlicher Durchforstung des Pfarrarchives war es nicht zu ergründen, wie es zu der vorliegenden Motivwahl gekommen sein könnte. Schriftliche Unterlagen von Pfarrer Zorn gibt es zur Schalkhäuser Kanzel nicht, an mündliche Erklärungen kann man sich nicht erinnern. Vielleicht war dies 1977 auch nicht von Bedeutung. Weil Pfarrer Zorn aber ein ernsthafter und gewissenhaft arbeitender Künstler war, muss man annehmen, dass er sich professionell verhalten hat. Und dies bedeutet auch heute noch, dass man sich durch aktuelle Lebenserfahrungen und die Umstände und Fragen der Zeit anregen lässt – oder aber ein Herzensanliegen aufgreift. Da im Zentrum evangelischer Verkündigung Jesus Christus steht, kann man vielleicht eine Vermutung zur Gestaltung der Schalkhäuser Kanzel wagen.

    Ein Lebensbaum, oder „Baum des Lebens“ ist ein urchristliches Symbol und auch in vielen anderen Kulturen beheimatet. Biblische Bezüge lassen sich beispielsweise in Jesaja 11,1 finden: Ein „Reis“, ein neuer Austrieb aus dem „Stamm Isais“ wird hier erwähnt, die Geburt eines Friedenskönigs angekündigt. Für Christen ist dies Jesus von Nazareth, ein Friedenskönig, der nicht mit Gewalt regiert, sondern mit Weisheit und der Kraft seines Wortes. Das tote Holz des Kreuzes wird durch Tod und Auferstehung zum neuen Lebensbaum.

    Steht nun ein Christ am golden schimmernden Lesepult von Pfarrer Zorn und erzählt von Gott, von Jesus, von all dem Guten, das im Vertrauen auf den dreieinigen Gott zu erwarten und zu finden ist, dann kann Hoffnung und Lebensmut neu wachsen. Genau wie aus einem kleinen Zweig ein neuer Baum entsteht. Insofern symbolisiert die Kanzel in Schalkhausen also einerseits Jesus von Nazareth und zugleich die lebendige Hoffnung der Glaubenden auf etwas, was die Welt nicht schenken kann.

    Andreas Renz

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